Software Testen an der Mensch-Maschine-Schnittstelle
Medienbrüche sind Monster der digitalen Kommunikation. Als richtige Monster kommen sie aus der Urzeit. In der vordigitalen Welt war es schwierig, einen Text zu bearbeiten: vor diesem Unterfangen saß ein Monster, es verlangte viel händische Arbeit, bremste alle Vorgänge und produzierte Fehler über Fehler. Das Monster schaute zufrieden zu, wenn sich Mitarbeiter:innen mühten, einen Text abzuschreiben – Auch die Fotokopie machte es nicht viel besser: denn der Kopierer machte zwar ein Foto, wer aber etwas verändern wollte – und sei es nur, einen Schreibfehler korrigieren-, musste den Text neu eingeben. Wieder saß da das Monster und musste mit großer Mühe zufrieden gestellt werden.
Doch dann – es ist gar nicht so lange her – ging es den armen Monstern an den Kragen. Informationen konnten digital gespeichert werden – man konnte sie beliebig verändern. Das Monster wurde weggesperrt, denn die digitale Welt ist nicht sein Lebensraum.
Allerdings gelingt das nur, wenn keine Metamorphose – hin zu analogen Informationen – stattfand. Ein Ausdruck auf einem Stück Papier – und schon saß wieder ein dickes Monster da und machte die Weiterverarbeitung aufwändiger.
Daher finden sich unzählige Monsterjäger: jeder Medienbruch wird gnadenlosverfolgt. Ineffizient sei es, das Monster, es erzeuge Sicherheitslücken, koste Druck- und Versandkosten, vergrößere das Datenaufkommen. Nach und nach verschwand das Monster aus vielen Prozessen.
Die ureigenste Heimat des Monsters
Allerdings: es gibt eine Schnittstelle – es ist eine ganz besonders wichtige – aus der lässt sich das Monster nicht vertreiben: die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine. Digitale Infos sind für – aus der Urzeit stammende – Menschen wertlos, wenn sie nicht „analog“ erfasst werden können mit so altmodischen Schnittstellen wie Augen, Ohren oder Fingern…
Genau hier macht sich das Monster bis heute breit – und treibt Unfug: zwar gibt es viele Monsterjäger, die den verbliebenen Monstern die Zähne ziehen wollen: per Human Interface Design, oder durch „Accessability“.
Doch in vielen Programmen versucht man einfach, das Medienbruch-Monster wegzuleugnen – indem man behauptet, die Schnittstelle mit den Menschen sei gar keine richtige Schnittstelle, sondern etwas ganz anderes…
Das führt zu einem merkwürdigen Effekt: in der Entwicklung – und im Software Test – vertreibt man die Monster, es soll sie hier nicht geben. Dafür betreibt man großen Aufwand: Plug-Ins gelten als Monsterjäger-Waffen. Doch die Herstellung dieser Tools ist aufwändig – und ihr Einsatz birgt selbst Gefahren: Leicht entwickeln sich diese Tools selbst zu Monstern, öffnen Sicherheitstüren oder beeinflussen die zu testende Software. Aus den kuscheligen Plug-Ins werden schnell ziemlich unangenehme Gremlins.
Die Medienbruch-Monster aber tauchen im realen Einsatz auf und erzeugen dort merkwürdige Effekte: Mißverständliche Darstellungen, zeitliche Verzögerungen, Schwierigkeiten bei Eingaben. Das mag nur lästig klingen, es kann aber erhebliche Probleme generieren, ganze Prozesse zum Stillstand bringen.
Mit dem Monster kooperieren
Wir bekämpfen das Monster nicht, ganz im Gegenteil. Wir finden, es hilft uns im Test. Zum einen vertreibt es nervige Gremlins, die Plug-In-Monster – und erspart damit viel Aufwand und Ärger (fragen Sie mal nach bei Test-Automatisierern). Unsere DRVLESS Automation setzt ganz bewusst auf Medienbrüche: die Info wird vom Bildschirm abgelesen, die Eingabe erfolgt über die USB-Schnittstelle. Bei spezifischen Anwendungen gehen wir noch weiter:
Ein Touchscreen als Schnittstelle? Dann eben eine haptische Eingabe. Sogar akustische Schnittstellen können wir verwenden. Zur Zähmung der Schnittstellenmonster braucht es spezielle, gut funktionierende Tools: intelligente Bilderkennung (was ist denn jetzt das Eingabefenster?), eine ausgezeichnete OCR (welche verflixte Zahl ist denn das?), einen Algorithmus, der nicht nur Zeichenketten identifiziert, sondern auch ihre Bedeutung versteht. Alle diese Tools stehen heute zur Verfügung – dank künstlicher Intelligenz. Mit ihnen wird unser Monster nicht nur streichelweich, es hilft uns, die Software menschengerecht zu gestalten.
Autor: Willi Linder